Dezember 22, 2021

Es gibt immer was zu tun.

Schneefrauchen.

In Kristiansand.

Abendstimmung.

Morgenstimmung.

Spaß im Schnee.

Trautes Heim, Glück? - Allein!


Zunächst einmal möchte ich Euch allen ein gutes und gesegnetes Weihnachtsfest wünschen . Kommt gut ins Neue Jahr!
Ich hoffe, es wird besser als das nun fast vergangene, aber das dürfte nicht schwierig werden, jedenfalls was die vergangenen 2 Monate betrifft.
Ich sitze wieder mal auf der Fähre und bin auf dem Weg nach Deutschland um Weihnachten zu „feiern“. Hinter mich zu bringen, oder zu „überstehen“, trifft es wohl besser. Ich freue mich sehr auf Titia, Friedrich, Gunvor und Annas Geschwister. Am 26. geht es dann nach Marburg um dort mit den Treptes Weihnachten zu begehen. Auch darauf freue ich mich natürlich sehr! Am 31. muss ich dann wieder nach Hause, denn am 3. Januar geht die Schule wieder los.
Aber der Reihe nach:
Nach meiner Rückkehr am 3. Dezember war das Haus auf 3 Grad runtergekühlt. Ofen an und Schnee schieben war angesagt. Sandra ist mit den Hunden gelaufen und hat in den nächsten Tagen im Haus gewirbelt und Annas Sachen verpackt. Danke Liebe Sandra! Du bist eine tolle Freundin und eine große Stütze! Der Kleiderschrank ist nun ziemlich übersichtlich, weil nur noch meine Klamotten da sind. Annas ganze Wolle und die Stricksachen sind verpackt (und liegen jetzt im Auto). Ich glaube nicht, dass ich anfange zu stricken. Was ich mit den unendlich vielen Sachen mache, die Anna für ihre Schmuckherstellung angeschafft hat, weiß ich noch nicht. Ein ganzer Schrank voll mit Perlen und Zubehör. Wenn jemand von Euch eine Idee hat, sagt mir bitte Bescheid. Ein Bisschen habe ich umgeräumt, Bilder ausgetauscht, das Haus etwas mehr zu meinem gemacht, aber Anna ist natürlich überall. Morgens und Nachmittags stehe ich an dem schneebedeckten Blumenboot und erzähle Anna was ich alles gemacht habe. Als ob sie das nicht wüsste! Es tut gut, aber ohne Tränen geht das nicht. Die Schule hat mich nur wenig beschäftigt, aufgrund von Corona waren Klassen in Quarantäne und ich habe nur wenige Stunden gehabt. Es hat gut getan die Schüler wiederzusehen, sie kümmern sich so wenig darum, wie es einem geht und bringen einen auf andere Gedanken.
Als Sandra dann am 10.12. nach Hause geflogen war, war ich zum ersten Mal wirklich alleine im Haus. Mal abgesehen von den Tieren, die ihre Aufmerksamkeit einfordern, es tut gut, sie um sich zu haben. So ist es nicht ganz so leer. Das Haus ist schon ganz schön groß für einen alleine. Aber ich fühle mich wohl im Haus. Es ist wirklich mein zu Hause. Ich genieße die unglaublichen Sonnenaufgänge schaue aufs Wasser, auf dem sich langsam eine Eisschicht bildet, gehe mit den Hunden spazieren, lebe einfach in den Tag hinein. Mache das, was ich will. Und wenn ich nichts machen will, ist das auch ok. Ich bin das ja nicht mehr gewohnt, das letzte Jahr hat für solch ein Leben keinen Platz gehabt. Ich ruhe mich aus, trauere, lass die Tage auf mich zukommen und vorbeirauschen. Mein Kopf ist oft leer, ich kann schwer Gedanken festhalten. Oft sinniere ich darüber, wie unser Leben hier ausgesehen hätte, wenn Anna nicht krank geworden wäre? Was sind die 16 gemeinsamen Jahre im Vergleich zu den möglichen 30 Jahren die wir noch hätten zusammen haben können. Ich schimpfe dann mit Anna, werfe ihr vor, gegangen zu sein und weiß gleichzeitig natürlich, wie sehr sie sich gewünscht hat mit mir zusammen alt zu werden. „Wenn wir alt sind, Schatz, faltig, braun und rund, mit massenweise Enkelkinder um uns her um, dann….“, das waren Annas Worte! Sie sah uns an irgendeinem Strand auf Kreta sitzen. - Oft bin ich am Abend ganz überrascht, dass schon wieder ein Tag um ist (ja ich weiß, die Tage sind kurz im Moment). Über einen Monat ist Anna nun schon weg. So lange waren wir noch nie voneinander getrennt. Der längste Zeitraum waren glaube ich 12-14 Tage, als ich in Korea war. Aber natürlich spüre ich Anna um mich herum, manchmal wenn ich so alleine in dem großen Bett liege, habe ich das Gefühl, dass sie meine Hand hält. Das tut so gut! Auch am Blumenboot fühlte ich mir ihr ganz nah. Es ist ein guter Platz, Anna ist da! Die Abende sind seltsamerweise am einfachsten für mich. Wenn ich vor dem Fernseher sitze und sinnleere Serien schaue, dann ist das ein Bisschen so wie immer, wenn Anna schon zu Bett gegangen war. Nur wenn ich dann ins Schlafzimmer komme herrscht große Leere. Zum Glück schlafe ich inzwischen wieder ganz gut, nur Mittags finde ich oft keine Ruhe. Ist aber vielleicht auch kein Wunder, schließlich tue ich ja nicht viel. Ab dem 3. Januar arbeite ich wieder voll, ich versuche es zumindest. Dann bekommt der Tag wieder etwas mehr Struktur. Außer, Corona macht uns da noch einen Strich durch die Rechnung. Ist bei uns in Norwegen aber eher unwahrscheinlich.
Eine Sache gibt es noch zu berichten. Als ich Anfang Dezember zurückkam hatte ich natürlich Post vom Gericht, wegen Annas Erbes. Da ich von der Vielzahl der Formulare, die man zu dem Thema online bekommt, völlig überfordert war, habe ich bei Gericht angerufen und gefragt, was ich machen und welches Formular ich ausfüllen soll. Die nette Dame sagte, ich möchte doch bitte einfach vorbeikommen und sie würde mir dann helfen. Gesagt, getan. Am nächsten Morgen bin ich zum Gericht gefahren, wurde dort freundlich empfanden, die Sachbearbeiterin hat mit mir zusammen das notwenige Formular ausgefüllt und drückte mir dann den Erbschein in die Hand. Unfassbar, das Ganze hat nicht einmal 15 min. gedauert. Ich bin dann zur Bank, habe eine Kopie des Erbscheins dort abgegeben und inzwischen schon wieder Zugriff auf Annas Konto. Da gibt es einiges an Abbuchungen, die auf mein Konto überführt werden müssen. Der Kredit für das Haus wurde auf mich alleine umgestellt und das Einzige, was ich noch zutun habe ist, dass Haus im Grundbuch nur auf meinen Namen eintragen zu lassen. Ganz schön serviceorientiert die Norweger. Hilfreich und schnell, so wie es in einer Situation sein soll, in der man eigentlich wirklich ander Dinge im Kopf hat.
Zuletzt möchte ich Euch noch einmal ganz herzlich für die vielen lieben Worte danken, die ihr auf die unterschiedlichste Weise geschickt habt. Es hilft mir sehr!
Nun wüsche ich Euch allen, dass ihr die Feiertage im Kreise Eurer Lieben genießen könnt! Ich werde es auch versuchen!
Ich melde mich im Neuen Jahr und hoffe, dass ihr auch weiterhin den Blog lest, ich werde jedenfalls einfach weiter schreiben.
Bis dann

Tim

P.S. Hier noch ein kleines Video von den Hunden im Schnee. Jedenfalls die haben ihren Spaß!

6 Comments on “

  1. Schöne, traurige, ehrliche, intime Gedanken, die du wieder mit uns teilst, danke dafür! Ich hoffe, wir können uns kurz sehen, wenn du in Marburg bist!

  2. Lieber Tim,
    meinen großen -großen- Respekt.
    Ich fühle mich Dir sehr verbunden.
    Sende Deiner lieben Frau die besten Grüße von mir.
    Uwe
    PS: Der „ewige Norwegisch Anfänger“

  3. Lieber Tim,
    es war schön, Dich mal feste drücken zu können, als du in Marburg warst. Du schreibst so wahrhaftig und offen und ich sitze jedesmal heulend da, wenn ich Deinen Blog lese. Ich wünsche Dir, dass Du trotz aller Trauer ein paar schöne Weihnachtsmomente erlebst.
    Und ja – Bitte schreib weiter!

  4. Danke dir, das ich da sein durfte, du mir so ein guter, lieber Freund bist, mit dem man auch mal super, nicht reden kann… und der auch noch mein mieses Essen lobt.

  5. Lieber Tim, also ich bitte sehr darum, dass du weiter schreibst und werde auch immer weiter sehr gern lesen, was du schreibst. Schön, dass ihr die Weihnachtsfeiertage alle zusammen verbringt. Ich wünsche dir und deinen Familien eine schöne gemeinsame Zeit.

  6. Lieber Tim,
    Ich war eher mit Anna durch die Schulküche bekannt. Deinen Blog werde ich sehr gerne weiterlesen und Deine offenen und ehrlichen Einträge waren immer sehr berührend.
    Ich wünsche Dir ein Frohes Weihnachtsfest, so gut das unter den Umständen möglich ist.
    Alles Liebe und viele Grüße!

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