Mai 15, 2022

Herrenrunde.

Da sind sie...

Das Gerüst hat das Streichen deutlich vereinfacht.

Fertig.

Lebenszeichen.


Am Mittwoch ist es ein halbes Jahr her, dass Anna gegangen ist.
Ich habe lange nichts von mir hören lassen, aber ich wusste einfach nicht, was ich schreiben sollte. Mein Leben verläuft recht ereignislos, so fühle ich das jedenfalls. Ein Tag gleicht dem anderen und trotz kleinen Abwechslungen ist da dieses große Loch. Äußerlich wie innerlich. Das Haus ist leer, mal abgesehen von den Tieren, die mir weiterhin eine große Stütze sind und meinem Leben einen Rhythmus geben Alles ist irgendwie gleich, routiniert, eben, ohne das Auf- und Ab der Gefühle, was die letzten Jahre so reich gemacht hat, selbst wenn es oft anstrengend und beängstigend war. Ich komme gut zurecht, habe viel zu tun, verschiedene Epochen unterrichtet, die Zeugnisse sind fast fertig, aber ich bin eigentlich nicht der "alleine Typ", ich muss das teilen, was ich erlebe um es richtig einordnen und zur Seite legen zu können. Anna fehlt…
Aber der Reihe nach: In den Osterferien waren erst Thorben und dann Günther zu Besuch. Das tat gut!! Wir haben gar nichts spezielles gemacht, haben viel geredet und die Seele baumeln lassen. Gekocht (ja, ich koche jetzt – was bleibt mir auch anderes übrig, wenn ich mich nicht nur von Brot ernähren will – und Anna hat sich so gewünscht, dass ich anfange zu kochen). Ich habe die 11 Tage mit den Jungs sehr genossen. Danke das ihr da wart!
Direkt nach den Feiertagen kam dann die Schreinerin und hat die 6 letzten alten Fenster getauscht. Jetzt ist das erledigt. Meine Aufgabe war es dann, die neuen Leisten zu streichen und da ein Gerüst stand, habe ich gleich die letzte, noch nicht erledigte Hauswand gestrichen. Jetzt bin ich einmal rum ums ganze Haus und darf dann wieder von vorne anfangen. Aber so ist das eben. Ich war also gut beschäftigt, sowohl an den Wochenenden, als auch nach der Schule und dem Hundespaziergang. Was mir fehlt, ist das Lob, dass ich immer von Anna bekommen habe, ganz gleich wie schlampig ich gearbeitet habe, aber sie hat das sicher alles gesehen und sich gefreut.
Die Hühner haben gebrütet und nachdem eins der alten Hühner, wahrscheinlich glücklich, an Altersschwäche gestorben ist, habe ich nun 2 Küken, auf die ich aufpassen und für die ich Futter machen muss. 1 Küken hat es nicht geschafft, aber ich hoffe, dass ich die beiden Anderen durchkriege. Heute Morgen musste ich eins in den Stall zurückbringen. Aus irgendeinem unerfindlichen Grund hatte es sich nach draußen verirrt und lief kläglich piepsend im Garten herum. Mal sehen, ich hoffe das Beste und ich habe Anna gebeten mit aufzupassen.
Der Frühling kam spät dieses Jahr, aber dann mich Macht. Es war der trockenste März und April seit Wetteraufzeichnungen in Südnorwegen, alles ist sehr trocken und das bisschen Regen, das letzte Woche gefallen ist, wahr eher einen Tropfen auf den heißen Stein. Aber der Garten hat so wunderbar geblüht, als ob er Anna noch einmal all seine Pracht zeigen wollte. Ich selben habe einen ganz anderen Blick auf all das Pflanzenreich bekommen und freue mich nun für Anna mit. Ich habe sogar Salat gesät und gepflanzt (so viel, dass wir einige Pflanzen gestern auf dem Frühlingsmarkt in der Schule verkauft haben). Jetzt bin ich dabei, nach und nach die Kästen und Töpfe zu bepflanzen, aber die Auswahl in den Gärtnereien ich noch übersichtlich, hier ist dann Ende Mai Hochsaison. Ich würde schon genug Pflanzen finden, aber ich will es so machen, dass es auch Anna gefallen hätte und ich bin heil froh, dass ich Ende Mai Gunvor mit nach Ålefjær nehme, die wird mir da sicher helfen können. Ich bin Ende Mai kurz in Marburg, wir haben Klassentreffen (35 jähriges Abitur), ich freue mich riesig meine alten KlassenkameradInnen wiederzusehen.
Am 22. Juni ist dann letzter Schultag und die Sommerferien beginnen. Ich habe viel im Garten zu erledigen, denn dazu bin ich bisher noch nicht gekommen, noch nicht einmal die Außenküche ist in Betrieb genommen, dafür war es leider an Ostern zu kalt, obwohl ich mir das ja fest vorgenommen hatte. Aber ich muss das jetzt machen, denn am 17. Juni kommt das Kollegium zu Besuch und wir feiern unser Sommerfest hier auf dem Steg. So wie wir das bereits 2-mal mit Anna gemacht haben. Natürlich funktioniert das nur bei gutem Wetter, aber das wird schon werden. Bis dahin muss es jedenfalls im Garten einigermaßen ordentlich aussehen und Gunvor muss mir dann mal zeigen, welche Pflanzen Unkraut sind und welche ich besser stehenlassen sollte…
Ich werde nicht so lange warten, bis ich das nächste Mal von mir hören lasse und die empfundene Eintönigkeit meines Lebens ist ja auch eher meiner Situation geschuldet und irgendwie passiert ja doch immer was. Zum Glück. Gefühlsmäßig geht es jedenfalls aufwärts, wenn auch nur langsam.
Ich melde mich.

Tim

6 Comments on “

  1. Lieber Tim, Du kennst mich nicht. Ich war eine (Norwegisch)schülerin von Anna.
    Ich lese immer sehr gern alles was Du schreibst, es berührt mich sehr.
    Wir freuen uns, dass Du Lebenszeichnen, blumig und federig, schickst. Deine messages haben gefehlt.
    Liebe Grüße Anna (und Willie, sitzt gerade im Wahlbüro)

  2. Lieber Tim,
    Ich hatte gerade an dich gedacht – und schon kommt ein schöner Bericht über die entspannende Eintönigkeit des Lebens. Ich kann gut verstehen, dass das Leben eher ereignislos scheint, nach allem, was in den letzten Jahren in deinem Leben so los war. Da ist es doch schön, dass du jedenfalls and den kleinen Dingen Freude empfindest und dass Tier und Haus für Beschäftigung sorgen. Wünsche dir Erfolg im Küchengarten.
    Sei gedrückt,
    Madlena

  3. Schön, wieder von dir zu hören, lieber Tim! Ein gleichmäßiges Leben hat doch auch viel für sich. Zwar sind dann die Kicks rar, aber die Regelmäßigkeit wird dir neue Kraft geben. Ich wünsche dir, dass ein wunderbarer Sommer auf dich wartet! Bereits am 22. Juni Ferienstart, das ist doch was. Hier dauert die Schule noch mehrere Wochen länger, aber da ich dort nicht mehr aktiv bin, starten auch wir bereits im Juni zu einer längeren Tour ins Ausland. Ich freue mich schon, unterwegs sein zu können, bevor die große Reisewelle losgeht.
    Anhand deiner Fotos sehe ich, dass unser Frühling bereits um einiges weiter fortgeschritten ist. Die Kirschen sind bereits verblüht, die Frühlingsblumen schon länger, die Tulpen fast, und Mohn und Pfingstrosen stehen nun in den Startlöchern. Für die Böden ist es zu trocken, aber die viele Sonne tut den Seelen gut, nach der langen Corona-Zeit, bei den aktuellen Ereignissen in der Ukraine und der jetzt auch deutlich steigenden Inflation.
    Super, wie weit du mit dem Haus gekommen bist! Das habe ich gerade auf die Zeit nach unserer Rückkehr vertagt. Es gibt doch einiges zu tun, besonders wie bei dir mit der Holzpflege.
    Viele liebe Grüße aus Marburg gen Norden! Dirk

  4. Hallo Tim, ich freue mich von dir zu lesen, auch wenn ich erst 3 Tage nach deinem Bericht dazu gekommen bin. Also ich finde du hast so viel gemacht in der letzten Zeit, von wegen Eintönigkeit. Aber das was man tut und wie man es empfindet, sind eben doch ganz verschiedene Dinge. Ich musste so schmunzeln bei dem Satz, Gunvor müsse dir zeigen was Unkraut ist und was gut ist. 🙂 Ich bin noch viel schlimmer. Ich kann nicht mal 2 verschiedene Salate im Garten meiner Vermieter auseinanderhalten, ganz zu schweigen, dass ich mir den Namen merken würde. Ich habe die Hoffnung da für mich aufgegeben. Ich wünsche dir viel Spaß beim Klassentreffen und drücke die Daumen für tolles Wetter beim Fest auf dem Steg. Liebe Grüße von der Kreta. Nadine

    1. Puh, ich sollte erst lesen und dann abschicken. Bitte fang nicht an, all die Fehler zu korrigieren. Es sei denn, dir ist langweilig 🙂

  5. Lieber Tim,
    gut zu lesen, dass eine gewisse neue Alltagsroutine bei dir eingetreten ist. Um die leere Stelle im Haus und im Herzen wirst du bestimmt noch eine ganze Weile „herumarbeiten“ müssen. Viel Kraft dafür – und es ist übrigens total erlaubt, einfach mal den Garten wild verwunschen bleiben zu lassen. Das sieht aus Annas Perspektive bestimmt genauso schön aus, und die Kollegen können doch – mit Ausnahme der Biologen unter denen – Unkraut auch nicht von Blumen unterscheiden….
    Wir hatten heute unser Schulkonzert, und vor kurzem endlich mal wieder die erste Monatsfeier seit gefühlten Ewigkeiten. Alle Schulveranstaltungen sind gut besucht, weil wirklich alle Sehnsucht nach einem Stückchen Normalität nach all der langen Zeit haben.
    Sonnige Grüße aus der Marburger Waldorfschule, wo sich schon alle auf deinen Besuch freuen!
    Sonja

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