Juni 29, 2018

Erdbeerbowle...

Gestern 23:05 Uhr

Lieber Besuch!

Eigentlich...

Eigentlich sollten wir jetzt auf Kreta sein.
Eigentlich begann Anna wieder ihre Zukunft zu planen.
Eigentlich glaubten wir den Krebs im Griff zu haben.
Eigentlich sind norwegische Sommer nicht so warm.
Eigentlich ist es hier auch schön.
Hoffentlich ist alles nicht so schlimm.
Bestimmt sind wir weiterhin optimistisch.

Der Reihe nach:
In der Nacht zum Montag, d. 18. Juni (also der letzten Schulwoche vor den Sommerferien), wurde ich gegen 0:30 Uhr von Geräuschen geweckt. Ich dachte, Anna träumt schlecht und gibt deshalb so komische Laute von sich. Als das auf mein Nachfragen und mehr oder weniger zärtliche Berührungen nicht besser wurde, habe ich das Licht angemacht (wir haben eine Gardine im Schlafzimmer, die das Licht, was zur Mittsommerzeit immer da ist, draußen hält) und gesehen, dass Anna zitternd und mit verdrehten Augen neben mir lag. Da sie nicht wieder zu sich kam, habe ich den Krankenwagen gerufen. Der nette Herr am Telefon hat mich beruhigt und mir gesagt, was ich machen soll. Der Krampfanfall ebbte langsam ab und Anna kam mehr oder weniger wieder zu sich, so dass man einigermaßen ruhig auf die Sanitäter warten konnte, die dann nach 30 min. endlich hier waren. Anna ist dann selbständig in den Krankenwagen gegangen und wir sind zusammen ins Krankenhaus gefahren. In der Notaufnahme (Anna war die einzige Patientin) wurde Anna untersucht, eine Neurologin kam und ein CT wurde erstellt. Deutlich war, dass es sich um einen epileptischen Anfall gehandelt hatte. Gegen 3:30 Uhr war klar, dass man auf dem CT 2 Stellen im Kopf sehen konnte, die alles andere als normal aussahen.
Ich bin gegen 4 Uhr nach Hause gefahren, habe versucht etwas zu schlafen, und war dann um 9 Uhr wieder im Krankenhaus. In der Nacht hatte Anna noch einen leichteren Anfall gehabt, als gerade eine Krankenschwester neben ihr stand. Der Plan war nun, ein MRT zu machen, weil man auf diesem deutlich mehr sehen kann, als auf dem CT. Das ging jedoch nicht, da Anna weiterhin einen Expander in der einen Brust hatte und an diesem befand sich ein kleines Metallteilchen, durch das die Spritze gesteckt wird, um weitere Flüssigkeit in den Expander zu bekommen. Metall und MRT schließen sich aber aus und so mussten die Neurologen zusammen mit Annas „Krebsärztin“ so herausfinden, um was es sich handelt. Im Laufe der nächsten Stunden war die Diagnose klar. Es sind erbsengroße Metastasen an zwei Stellen im Gehirn, die dann auch die Anfälle ausgelöst hatten. Es sah aber so aus, als ob man die beiden Stellen ganz gut bestrahlen könnte, allerdings gibt das bildgebende Verfahren des CT es nicht her, genaueres zu sehen. Am Mittwoch kam dann die völlig verzweifelte „Krebsärztin“, die überhaupt nicht verstehen konnte, wie es zu diesen Metastasen gekommen war, da Annas Werte ansonsten ganz ausgezeichnet sind. Sie wollte aber auf jeden Fall sicher gehen, dass da nicht noch mehr ist und sie brauchten genauere „Daten“ für eine eventuelle Bestrahlung. Am Mittwochnachmittag sind wir nach Hause gefahren (die Schule hatte mir dankenswerterweise frei gegeben) und für Donnerstag war dann eine ambulante OP angesetzt um den Expander zu entfernen, damit ein MRT gemacht werden kann.
Zu Hause wurde erst mal der Kreta-Urlaub storniert, denn das wir am Sonntag nicht losfahren können, war inzwischen mehr als klar.
Am Donnerstag waren wir dann von 9 bis 16 Uhr im Krankenhaus, Anna hatte die notwendige Operation und bekam den Expander entfernt.
Am Freitag bekamen wir dann einen Anruf, dass wir bereits für den Nachmittag einen Termin für ein MRT in einem Röntgencenter in der Stadt hatten. Dort sagte man uns, dass die Bilder zum Krankenhaus geschickt würden und wir wohl bis Mitte nächster Woche Bescheid bekommen würden, was man entdeckt hätte.
Warten, kann so lang und furchtbar sein, allerdings war Annas Mutter inzwischen gekommen, das Wetter war fantastisch, die deutschen Fußballer hatten nach wie vor die Möglichkeit das Achtelfinale zu erreichen und Anna hatte, sicher auch dank der Epilepsiemedizin, keine weiteren Anfälle mehr.
Am Dienstag dieser Woche kam dann der Anruf.
„Sitzen sie?“, war das erste was die Ärztin am Telefon sagte. Dann kamen allerdings gute Neuigkeiten. Die Bilder des MRT waren gut und es würde überhaupt nicht so aussehen, als ob es Metastasen wären. Auch wären keine anderen, als die 2 vermuteten Stellen, betroffen. Vielleicht eine Entzündung oder etwas anderes. Das müsste man nun herausfinden und behandeln. Wir würden Nachricht von den Neurologen erhalten, wie es weitergeht.
So war die Erleichterung erst einmal groß, denn alles Andere ist sicher leichter in den Griff zu bekommen als Metastasen.
Am Mittwoch kamen dann Ulrich und Miriam (liebe Kollegen aus Marburg) und am Abend Sandra.
Gestern waren wir dann am Vormittag zur Lumbalpunktion im Krankenhaus (ich schreibe immer „wir“, weil ich mit dabei war und passiv daneben gesessen habe, wenn Anna untersucht, behandelt, gespritzt, operiert etc. wurde), die völlig problemlos verlaufen ist und ab dem Mittag konnten wir bei über 30 Grad im Schatten sitzen und uns die leichte Meeresbrise um die Ohren wehen lassen.
Nun sind wir zwar nicht auf Kreta, aber bei den Aussichten und den Temperaturen hier, vermissen wir lediglich unsere Freunde in Griechenland und nicht die Sonne und das Meer.
Wir haben vielleicht die Möglichkeit, am Ende der Ferien noch nach Kreta zu fliegen, doch erst einmal muss alles abgeklärt und eine mögliche Behandlung in die Wege geleitet sein.
Anna geht es fantastisch, sie ist froh den Expander los zu sein, fühlt sich viel besser und hatte auch keine weiteren Anfälle mehr.
Heute Nachmittag geht sie zum Frisör, allerdings darf Anna erst einmal (bis zu einem Jahr) kein Auto fahren, das wäre mit dem nun bestehenden Anfallsrisiko zu gefährlich.
So genießen wir den Sommer und den Besuch hier in unserem fantastischen Heim und versuchen uns nicht nur von dem Schock der letzten Woche, sondern auch von dem Schuljahr zu erholen.
Wir melden uns, sobald wir Neuigkeiten aus der Klinik haben (das wird allerdings etwas dauern).

Tim & Anna

9 Comments on “

  1. Puh, was für ein Drama! 😮 Zum Glück im Unglück scheint es ja glimpflicher zu sein, als es zunächst schien! Ich wünsche Dir, Anna, weiter rasche Besserung und Dir, Tim, alle Kraft, die Du brauchst, nicht nur Anna weiter beizustehen, sondern auch selbst den Mut nicht zu verlieren! Euch beiden viel, viel Glück und innere Stärke! Möge eure Zuversicht durch weitere GENESUNG von Anna belohnt werden!

  2. Ach menno! Wir wünschen euch trotz alledem schöne Sommerferien und hoffen und beten mit euch, dass alles bald wieder gut ist.
    Liebe Grüße von den Krönings

  3. Liebe Anna, lieber Tim,
    Ich drücke ganz fest die Daumen, dass die weiteren Ergebnisse beruhigend sind und ihr vielleicht doch noch einen schönen Urlaub auf Kreta verbringen könnt. Sag deinem Körper, dass es jetzt mal gut ist, und er dich in Ruhe genesen lassen soll, Anna!!!
    Nach den immer wieder wunderschönen Fotos zu urteilen, könnt ihr es bei euch aber ja auch schön machen. Ich denke an euch und grüße euch alle (auch die Kollegen) ganz herzlich
    Bettina

  4. Lieber Tim, es tut mir leid dass ihr das alles durchmacht. Mein Freund ist in Island im Urlaub kollabiert und hatte zum ersten mal einen epileptischen Anfall, ich kann Dir gut nachempfinden, wie das ist daneben zu stehen und nicht wirklich etwas tun zu können und was einem alles durch den Kopf geht. Alles Gute für euch und weiterhin nur gute Nachrichten. LG Michelle

  5. Ihr Zwei Lieben, Eure Freunde auf Kreta sind in Gedanken und mit den besten Wünschen bei Euch. Wir (ich sag mal wir, weil ich weiß, dass es all euren Freunden hier so geht) vermissen Euch auch und hoffen auf ein baldiges Wiedersehen.
    Aber das aller-aller-wichtigste ist, dass es Anna gut geht und Ihr beide jetzt eine schöne erholsame Zeit in Uurem wundervollen neuen zu Hause im Kreise Eurer Lieben genießen könnt.
    Filakia
    Nadine

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